„Zuletzt sei eben dieser Glaube selbst nochmals beschworen und gepriesen: Der Glaube unserer Väter und unseres eigenen Lebens, der Glaube, der von Anfang an war und durch die Geschichte der Menschheit und ihres Heiles immer mehr zu sich kam, bis in Jesus Christus Gottes Wort und des Menschen Hören, gemeinte Wirklichkeit und ihre Aussage, Verheißung und Erfüllung ihre absolute Einheit fanden; der Glaube der Kirche, der Glaube, in dem die inwendigste Gnade und das amtlich strenge Wort von außen sich selig begegnen; der Glaube, der ganz einfach ist, weil er das Eine, Ungeheuerlichste sagt, aus dem allein wir doch leben können, dass Gott- Gott ist: Das anzubetende, ewige Geheimnis, das als ebendieses sich selbst in radikalster Unmittelbarkeit uns schenkt, so dass wir diese in der Erfahrung der Gnade in unserer eigenen Existenz greifen und in der Geschichte in Jesus Christus leibhaftig anblicken können; der Glaube, der die höchste Last und die schwebende Leichtigkeit unseres Daseins, Gottes reine Gnade im Vollzug unserer eigensten Freiheit ist; der Glaube, den unser armes Stammeln bekennt und verkündigt, so verkündigt, dass Gott diese Herolde nach seinem endgültigen Wort in Christus trotz der Dummheit der Menschen, der Enge der Geister und Herzen, der Zerteiltheit ihrer Geschichte, nicht mehr endgültig aus seiner Wahrheit herausfallen lässt; der liebende Glaube, der uns rechtfertigt, der uns die Kraft des Lebens und die Zuversicht des Sterbens sein soll; der Glaube, der dort noch gesiegt haben kann, wo man meint, nicht zu glauben; der Glaube, der nie uns so gegeben ist, dass wir nicht täglich neu in Anfechtung und Gebet ihn uns erbeten müssten, weil er ewig Gottes Gnade bleibt, und wir somit, indem wir unseren Glauben bekennen, darin immer demütig gestehen, dass wir von uns allein aus feige, schwache, blinde Kleingläubige oder Ungläubige sind.
Meine Brüder, schließen wir leise, damit wir nicht Gottes stilles und doch so mächtiges Gnadenwort in uns durch das anmaßend laute und schwache Menschenwort übertönen. Sagen wir: „Herr, hilf meinem Unglauben!“, gib mir die Gnade des Glaubens an Jesus Christus, unseren Herrn, sein Evangelium und seine rettende Gnade.“
Karl Rahner „Im Heute glauben“ – SW 14, S.24 f