Darf man sich etwas wünschen zum Jahreswechsel?
Man darf! Und darum möchte ich einige meiner Wünsche auf diesem Wege äußern.
Der wichtigste Wunsch ist der, dass die bunte Vielfalt an Meinungen erhalten bleibt. Der offene Diskurs ist ein wichtiger Dienst an der demokratischen Meinungsbildung in unserem Land. Nur eine offene Gesellschaft entspricht der Würde ihrer Mitglieder, die keine ‚Schafherde‘ bilden, die blind folgen, weil manch‘ einer oder eine meint, er oder sie wisse, was für andere gut ist.
Ein zweiter Wunsch ist die Hoffnung, dass möglichst Viele mithelfen, deutlich zu machen, dass die Welt kaum in Schwarz und Weiß einzuteilen ist, weil in ihr viele andere Farbtöne anzutreffen sind. Mitzuhelfen bei der Erkenntnis, dass hinter allen Entscheidungen und Meinungen Interessen stehen, die nicht abhängig sind von der Himmelrichtung. Nicht zuletzt mitzuhelfen, dass Landraub so genannt wird oder Vergewaltigung oder Terror an Zivilisten und dass diejenigen, die dies klar äußern weder als Heuchler, ‚Naivlinge‘ oder als Feiglinge verunglimpft werden.
Ein nächster Wunsch ist der um Einsicht, dass hinter allen Interessen Werte stehen. Und dass es letzte Werte gibt, die von niemandem ungestraft ignoriert oder verachtet werden dürfen. Dazu gehört das Völkerrecht, die Unverletzlichkeit der Grenzen, die unveräußerlichen Menschenrechte. Dazu gehört auch die Sorge um Gerechtigkeit, um Wahrheit, um Freiheit, um Sicherheit und um den Schutz der Ressourcen unseres Planeten. All dies ist weder ‚bürgerliche Ideologie‘ noch sind es ‚westliche Werte‘. All dies basiert auf einem universellen Konsens, einem Menschen- und Weltbild, für das Hoffnung, Liebe und Zuversicht in einem existentiellen Wissen gründen, dass alle und alles geborgen ist in einer umfassenden, personalen Liebe.
Man kann in der Begrifflichkeit sehr verschieden sein, nicht aber im Vollzug eines Lebens, das Annahme und Liebe, die viele Freiräume ermöglicht und auch Widerspruch zulässt, gleichermaßen begründet wie vollzieht und bezeugt. Eine Liebe, die eine reale Hoffnung, die sich im und für das Leben auswirkt, ermöglicht. Die in Aussicht stellt, dass die Welt im Ganzen gut ist – und gut ausgeht. Das ist auch der gemeinsame Kern aller großen Weltreligionen.
Darum gilt mein letzter Wunsch auch dem interreligiösen Dialog auf allen Ebenen, dem gemeinsamem Wirken aller großen Religionen für Frieden, Freiheit und Wohlfahrt aller Völker. Möge es sich auch in der kommenden Zeit segensreich auswirken.