Pilger der Hoffnung 3

Wochenimpuls Februar 2025-2

Glaube – Hoffnung – Liebe

In diese Zeit hinein veröffentlicht der Papst mit 88 Jahren seine Autobiografie, die nur ein Thema kennt, die Hoffnung. In dieser Zeit feiern Katholiken weltweit das Heilige Jahr unter dem Titel: Pilger der Hoffnung. Sind Christen Realitätsverweigerer, ‚Traumtänzer‘, Neurotiker, die sich die Welt so herbeiphantasieren, wie sie sie gerne hätten und die nicht wahrhabenwollen, dass die Realität nun einmal so ist, wie sie ist? Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Glaube hatte und hat immer mit Wagnis, mit Mut zu tun. Glaube und Hoffnung, die sich in Liebe umsetzt, speist sich aus Quellen, die von weiter herkommen als vom eigenen Machen, eigenen Können, eigener Expertise. Von Reinhold Schneider (1903-1958) lernte ich etwas über meinen Glauben und über Religion, das mit dem herkömmlichen Verständnis von Religion nur bedingt etwas zu tun hat. Schneider schreibt in einem seiner letzten Werke:

„Religion ist heroischer Widerspruch gegen die Erfahrungswelt, Weisheit der Kinder, unbedingte Hingabe an den stummen Fährmann in schutzlosem Boot, auf der Fahrt durch die kosmische Nacht…“[1]

Angesichts der überbordenden Meinungsvielfalt, um nicht Meinungswirrwarr zu schreiben, hilft mir mitunter ein klares, unübersehbares Stoppzeichen aus dem Glauben, wie es Hans Urs von Balthasar (1905-1988) in seiner unnachahmlichen Art und Weise formulierte:

„Wir sind es unserer Mitwelt nicht schuldig, mit ihr unfähig zu sein.“ [2]

Wo aber kommt denn Hoffnung her, eine Hoffnung, die sich aus dem Wissen um das Je-Größer-Sein Gottes speist? Karl Rahner (1904-1984) gibt zunächst zu bedenken:

„Wo der Mensch keinen Gott hat, in dessen Unbegreiflichkeit er sich willig hineinfallen lassen kann, gerät er unter die Herrschaft partikularer Götzen, in denen die rationale Kalkulation, die Technik, der Stolz, alles machen zu können, das perfekte Funktionieren eines Systems, der Sexus, die Macht und so fort absolut gesetzt monoman zum einzigen Ausgangspunkt und zum je einzigen Richtmaß des Handelns und des Lebens gemacht werden.“ [3]

Die nachfolgende Zeitdiagnose ist an Aktualität kaum zu überbieten: 

„Aus dieser schrecklichen Tendenz, einzelne Wirklichkeiten und Werte absolut zu setzen, zu vergöttlichen, zu vergötzen…erwachsen dann Fanatismus der Weltanschauungen, die entsetzliche Intoleranz der gesellschaftlichen Systeme, die tobende Lautstärke der Propaganda, die arrogante und entsetzlich dumme Schwarz-Weiß-Malerei in der Politik…“ [4] 

Wie sieht es denn nun aus, das „Leben aus dem Glauben“? Aus einem Glauben, der uns zu „Pilgern der Hoffnung“ macht? Karl Rahner, dessen Leben und auch Denken stark von den Impulsen seines Ordensgründers, des Hl. Ignatius von Loyola geprägt ist, gibt uns eine wertvolle ‚Pilgerinformation‘, die einer Wegweisung gleichkommt:   

„Man darf nichts einzelnes absolut setzen, auch sich selber nicht; man soll alles wichtig nehmen und doch nichts so ganz wichtig nehmen; man soll nicht meinen, alles zu wissen und alles beherrschen zu können; man muss sich loslassen können ohne vorausgehend nachgeprüfte Garantie, dass man ankommt…Wenn man dies tut, immer aufs Neue versucht…dann liebt man Gott, dann erst versteht man, was mit diesem Wort überhaupt gemeint ist, dann fallen die Götzenbilder am Weg unseres Lebens, auch die Götzen, zu denen wir legitime Zukunftsplanung und nur zu verständliche Zukunftsangst gemacht haben.“ [5] 

[1] Reinhold Schneider „Der Balkon“, Wiesbaden 1957, S. 170 f

[2] Aus „Mut zur Tugend“ – Über die Fähigkeit, menschlicher zu leben – Freiburg-Basel-Wien 1979, S. 224-226(Hans Urs von Balthasar)

[3]Aus Karl Rahner „Schriften zur Theologie“, XIV; Zürich-Einsiedeln-Köln 1980, S. 420 

[4] Aus Karl Rahner „Schriften zur Theologie“, XIV; Zürich-Einsiedeln-Köln 1980, S. 420

[5] Aus Karl Rahner „Schriften zur Theologie“, XIV; Zürich-Einsiedeln-Köln 1980, S.421

Bild von 👀 Mabel Amber, who will one day auf Pixabay

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