Wenn es keinen Vater mehr gibt

Wochenimpuls März 2025-2

Unser Glaube ist keine Vertröstung angesichts von Schrecken und Einsamkeit. Er ist eine wunderbare Einladung, weil er uns in ein Kindheitsverhältnis hineinstellt.  Papst Benedikt/ Joseph Ratzinger drückt dieses Verhältnis in wunderbaren Worten aus: 

„Noch eines wird mir mit dem Wort Vater [1]  bewusst: dass ich nicht von mir selber bin…Dagegen möchte ich zunächst protestieren…Ich will ja mündig sein…Aber dann frage ich mich: Was ist die Alternative für mich, für den Menschen überhaupt, wenn es keinen Vater mehr gibt, ich folglich das Kindsein endgültig hinter mir gelassen habe? Bin ich dann wirklich mehr geworden? Wirklich frei? Oder habe ich nicht mit dem Vater das Prinzip der Freiheit aufgehoben? Nun bleibt nur noch die gewaltige und grausame Maschinerie des Weltalls, in der das Leben eine >>obszöne Verirrung des Kohlenstoffs<< ist, wie Friedrich Dürrenmatt meint. Jedenfalls bin ich dann allein im Dunkel, ja, im Dreck, wie noch einmal Beckett sagt. Nein, nur wenn es das Prinzip der Freiheit gibt, einen, der liebt und dessen Liebe Macht hat, dann bin ich auch frei.“ [2]


[1]Man wird hier in gleichem Sinn von Mutter sprechen können. 
[2]Joseph Ratzinger „Berührt vom Unsichtbaren“, S. 262; ursprünglich in „Sich auf Gott verlassen- Erfahrungen mit Gebeten“, Freiburg – Basel – Wien 1980, S. 68 f

Zur Freiheit der Kinder Gottes berufen

Das „Schweigen der unendlichen Räume“ kann so bedrückend sein, wie „Weißt du, wieviel Sternlein stehen“ tröstend ist. Schon in den ersten Schuljahren erfahren Kinder etwas von der Evolution, der Entwicklung der Welt. Später, in den oberen Klassen, werden sie Genaueres darüber erfahren, wie alles geworden ist. Es ist eine sehr große menschliche Errungenschaft, dass wir es mit unserem Verstand heute vermögen, die Rätsel des Daseins zu lösen, die Wunder der Natur, das Wunder des Lebens immer besser zu verstehen. Und doch erhebt sich über diese Fülle der Erkenntnisse die eine Frage: Sind wir „ins Dasein geworfen“, zur „Freiheit verdammt“ (Sartre) oder sind wir „zur Freiheit der Kinder Gottes berufen“, wie es uns christlicher Glaube vermittelt. Dieses Angebot kann man ausschlagen oder ignorieren, man kann es – Gott sei Dank (!) im wörtlichen Sinn – nicht (mehr) aus der Welt schaffen. Für uns Menschen entscheidet sich an der Antwort, die wir – weniger durch Worte als vielmehr durch unser gesamtes Sein und Tun – geben, eigentlich alles. 

Bild von MiKi-STUDIO auf Pixabay

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