Was im Leben wirklich zählt

Wochenimpuls Oktober 2025-3

In Zeiten der spirituellen Tiefendimension mag uns auch mehr als sonst bewusstwerden, was im Leben wirklich zählt, wonach uns ‚die Barmherzigkeit Gottes richten‘ wird. Die Antwort auf diese Frage öffnet vielleicht auch den Horizont, die Perspektive, die für den Einzelnen wie für die Menschheit insgesamt Lebenssinn und (Über)Lebenschance sichert. Die Antwort auf diese Frage, wonach uns Gottes Barmherzigkeit richten wird, könnte lauten: „Haben wir Erbarmen gezeigt?“ Sie steht im Neuen Testament, in Mt 25, 31 ff. Es ist exakt diese Stelle aus der Heiligen Schrift, die auch für die bekannte Theorie Karl Rahners von den ‚anonymen Christen‘ so bedeutsam geworden ist: 

„Bedeutsam für die Theorie von den ‚anonymen Christen‘ ist die Gerichtsrede somit deshalb, weil nicht die Gliedschaft an einer ‚Heilsgemeinde‘ – an Israel oder an der Kirche -, sondern das Tun des Willens Gottes als ausschlaggebend für das Heil betrachtet wird. Noch mehr…Wer zu anderen Menschen barmherzig ist, stehe er selbst innerhalb oder außerhalb Israels, verhält sich damit zu Christus hin. Er ist dabei auf Christus ausgerichtet, selbst wenn er ihn gar nicht kennt.‘“ 1

Es spricht sich leicht aus, dass wir drei Grundvollzüge kirchlichen Lebens haben, die Liturgie, die Verkündigung und die Caritas bzw. Diakonie. Gerade der letztgenannte Grundvollzug sollte einerseits dafür sorgen, dass Menschen sich (nicht nur) in der Kirche nicht ‚abgehängt‘, sondern angenommen fühlen. Er sollte auch sicherstellen, dass kirchliches Leben der Welt zugewandt ist und bleibt-jener Welt, mit all ihren wunderbaren Möglichkeiten und gleichzeitig ihren grauenvollen Abgründen und Ängsten. Kirche darf dies weder verdrängen, noch darf sie davonlaufen oder sich in sich selbst verschließen, denn „das Wort ist Mensch geworden“.


  1. Nikolaus Schwerdtfeger „Gnade und Welt“, Freiburg-Basel-Wien 1982, S. 40 ↩︎
Foto von Andrzej Pokrzywiec auf Unsplash

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