Orientierung angesichts religiöser Indifferenz und fundamentalistischer Verführung. 31 Seiten. 3,90 €. BoD. Hamburg 2025. ISBN 978 – 3 – 2602 – 1
Rezension von Heribert Körlings, Herzogenrath, 11.11.2025
Heute an Gott glauben
Die aktuelle gesellschaftliche Situation ohne Beschönigung kennzeichnend, bietet Rudolf Hubert in seinem neuesten gehaltvollen, schmalen Buch, wegweisende philosophische, theologische und existentielle Perspektiven.
Durch seinen kurzen, kundigen Überblick 1 kalibriert Thomas Hoffmann einleitend die Darstellung ihres versierten Autors Rudolf Hubert. Seine Ausführungen wenden sich an Vertreter des religiösen Indifferentismus wie des Fundamentalismus. Diese beiden entgegengesetzten Denkweisen und Lebenseinstellungen werden als sich ausweitende Verführung bilanziert. Aus der Bestandsaufnahme ergibt sich die drängende Frage, wie der christliche Glaube, gelebt, vermittelt und weitergegeben werden kann 2.
Empfangsbereit werden
Ein schnelles probates Rezept bietet Rudolf Hubert nicht an. Um das „aktive Hören“ 3 geht es ihm: um die notwendige Offenheit, sich, sensibel fragend, der geheimnisvollen Dimension des Daseins zuzuwenden, Gott.
Solche Empfangsbereitschaft geschieht gegenüber der „unverbrauchbaren Transzendenz Gottes“ 4. Diese gegen jede Funktionalisierung gerichtete ehrfürchtige Wendung aus einem Aufsatz von Karl Rahner, auf den der Autor hinweist, 5 bildet den roten Faden der Darstellun von Rudolf Hubert 6 auch in Zustimmung zu und in Absetzung von Ausführungen im Werk Eugen Drewermanns 7
Lebensmöglichkeiten aus dem Glauben
Das Verstehen des Glaubens als Orientierung im und zum Leben bringt der Autor in seiner spannenden, prägnanten Darstellung unaufdringlich zur Sprache:
- Die skizzierten Erwägungen zur Erlösung außerhalb der religiösen Institution und zum Glücksein des Menschen ohne den Glauben an Gott lassen aufhorchen.8
- Die Ausführungen zum menschlichen Transzendenzbezug 9 bedingt durch die zuvorkommende Zuwendung Gottes 10
- sowie zum Beten 11
führen eindrücklich vor Augen wie der lebendige, unbegreifliche Gott, der die Beziehung zum jedem einzelnen sucht, als das tragende, personale Gegenüber im Leben sein und zur Sprache kommen kann.
Lebens- und Glaubenshelfer gegen die falschen Heilsbringer
Aufgrund der Lebensgeschichte Rudolf Huberts, der von seiner Geburt 1958 an bis zum Mauerfall 1989 das Unrechtssystem in der DDR erlebt und erlitten hat 12, wird
- seine Abrechnung mit dem irdischen Paradiesversprechen 13 der unterschiedlichen Diktatoren, eben auch der damaligen Machthaber, 14 umso glaubwürdiger.
- Darüber hinausgibt sein besorgter Hinweis auf beunruhigend ähnliche aktuelle Tendenzen 15, verbunden mit antidemokratischer Hetze zu denken 16.
- Gegen die falschen Heilbringer mit ihren totalitären Glückversprechen 17 bringt Rudolf Hubert mit Rückgriff auf Karl Rahner zur „Unterscheidung der Geister“ 18 den Heiligen Ignatius von Loyola als Lebens- und Glaubenshelfer ins Spiel: 19 Von Gott über mich verfügen zu lassen, begründet meine Freiheit. 20 So wird es möglich, gegenüber dem, was mir begegnet „‚indifferent‘, ‚gelassen‘ zu werden.“ 21
Zum Leben aus der Hoffnung ermutigen
„Gott ist immer größer“ 22 – Es bleibt heute und in Zukunft möglich, mich dem unbegreiflichen Geheimnis anheimzugeben, von Ihm zu sprechen 23, der sich mir „als ewiges Leben…schenken“ 24will.
Rudolf Hubert ist und bleibt der Frage: „Glauben wie geht das?“ 25 verpflichtet. Aus dem Vertrauen zu dem unbegreiflichen, beziehungswilligen Gott beinhaltet sein Buch die hoffnungsvolle Ermutigung: „Helft den Menschen leben!“ 26
- vgl. S. 4 – 5 ↩︎
- vgl. S. 9 ↩︎
- S. 10 ↩︎
- S. 9 ↩︎
- S. 9, Anmerkung 5 ↩︎
- Der Rahner Kenner bezieht sich in seinen Veröffentlichungen nicht nur, aber in unterschiedlichen Zusammenhängen immer neu und sehr instruktiv auf Rahners theologische und mystagogische Perspektiven, zuletzt: Rudolf Hubert: Karl Rahner. Kirchenlehrer der Postmoderne. BoD Hamburg 2024 ↩︎
- vgl. S. 10, 14, 16, 20, 26 mit den entsprechenden Belegen aus verschiedenen Büchern Drewermanns in den Anmerkungen ↩︎
- vgl. S. 12 – 13 Hier ergäben sich wegen der ähnlichen Perspektive bei aller Unterschiedlichkeit interessante Möglichkeiten eines Gesprächs mit Nietzsches Verdikt: „…erlöster müssten mir seine Jünger aussehen.“ (Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra. Insel Verlag. Berlin. 4. Auflage 1978. S. 94) ↩︎
- vgl. S. 14 – 15; vertiefend: „Anonymer Christ“: Rahners These mit Parallelen zu einer Kennzeichnung bei Drewermann, vgl. S 16 – 17. ↩︎
- vgl. S. 17 – 20 ↩︎
- vgl. S. 20 – 22 ↩︎
- vgl. S. 31 ↩︎
- vgl. S. 28 ↩︎
- vgl. S. 25 ↩︎
- vgl. S. 24 ↩︎
- vgl. ebd. ↩︎
- vgl. S. 24 – 25. Der Tenor der Darstellung erinnert an die Ausführungen in dem Aufsatz von Romano Guardini: Der Heilbringer in Mythos, Offenbarung und Politik. In: Ders.: Unterscheidung des Christlichen Band 2. Aus dem Bereich der Theologie. Mainz 1994. S. 155 – 204, hier: S. 189 – 199: Der Heilbringer der zwölf Jahre ↩︎
- S.29 ↩︎
- vgl. S. 29 – 30 ↩︎
- vgl. S.29 ↩︎
- S. 30 ↩︎
- Buch von Norbert Scholl, Untertitel: Wege der Gotteserfahrung heute. Mainz 1985 ↩︎
- vgl. S. 29 ↩︎
- S. 30 ↩︎
- Buch von Klaus Hemmerle, Untertitel: Wege zum Evangelium. Freiburg 1978 ↩︎
- Buch von Paul Michael Zulehner, Untertitel: Für ein neues Klima in der Pastoral. Freiburg 1978 ↩︎