Wochenimpuls Mai 2025-5
Glauben ist Vertrauen
Wie oft erleben wir im tagtäglichen Umgang, dass so getan wird, als sei allen klar, was mit ‚Glauben‘ gemeint ist. „Glauben heißt nicht wissen“ – so die landläufige Meinung. Dass diese oberflächliche Verzeichnung des Glaubens nicht trägt, wird schon daran deutlich, dass es beim Glauben viel weniger darum geht, zu sagen an was ich glaube. Im Glauben geht es vielmehr um eine Entscheidung: Ich glaube dir. Glaube hat viel weniger mit Wissen als vielmehr mit Vertrauen zu tun. Darum ist Glauben vor allem eine personale Angelegenheit. Zwischen Personen ist Vertrauen mindestens so wichtig wie das tägliche Brot. Wenn ich in einen Bus oder Zug einsteige, kann ich nicht prüfen, ob der Fahrer wirklich gut fahren kann. Ich setze es voraus, ich vertraue darauf. Ähnlich beim Arzt: Ich kann als Laie nicht nachprüfen, ob die Diagnose und die Prognose stimmen, ob die richtigen Medikamente mir verabreicht werden oder nicht. Mir bliebt keine Wahl als zu vertrauen. Besser: Mich dem Arzt oder Helfer anzuvertrauen.
Wozu?
So ist es auch beim Glauben an den Sinn von allem. Es ist paradox: Überall verfolgen Menschen Zwecke, wollen sie sinnvoll handeln, zielorientiert, bedarfsgerecht. Das macht gerade menschliches Denken und Tun aus. Bei der Frage: Wozu das alles? setzt mitunter eine gewisse Denkhemmung ein: „Das geht nicht.“ „Das überfordert uns.“ „Das ist sinnlos.“ Viele gute Teilantworten werden im Leben und durch das Leben gegeben. Merkwürdig ist, dass bei der Frage: Wozu das alles? eine eigenartige Denkblockade errichtet wird.
Warum ist das so? Mir hilft bei dieser Frage eine Erkenntnis, die ich Karl Rahner verdanke:
„Unglaube wäre es, würden wir meinen, wir könnten in der Dimension des Gesellschaftlichen aus einer fertigen Theorie heraus…leben, die uns zum absolut herrscherlichen Planer unserer Zukunft macht, anstatt immer neu mühselig, aber in Hoffnung, die Pilger zu sein, die immer neu den Weg zur absoluten Zukunft suchen.“ 1
Geschenkt und anvertraut
Mir scheint, dass es um eine ganz einfache Frage der Entscheidung geht im Verhältnis von Glauben und Nichtglauben. Es geht um die Frage, wer wir sein wollen: Selbstherrliche Entwerfer, also „herrscherliche Planer unserer Zukunft“, die wir dann eigenmächtig gestalten nach unserem Gutdünken – oder „Pilger … die immer neu den Weg zur absoluten Zukunft suchen.“ Beides verlangt den Einsatz der ganzen Person. Aber im ersten Fall bin ich der Könner und Macher, im zweiten weiß ich, dass mein Können, meine Möglichkeiten mir geschenkt wurden, dass sie mir anvertraut wurden und ich darum mit ihnen verantwortungsvoll umzugehen habe.
Wir leben im Heiligen Jahr 2025. Die Kirche lädt uns in diesem Jahr in besonderer Weise ein, Pilger der Hoffnung zu sein. Wir sollen in Vertrauen und Liebe nicht steckenbleiben im Vorläufigen, sondern mutig und „immer neu den Weg zur absoluten Zukunft suchen.“
- Karl Rahner „Das große Kirchenjahr“, Leipzig 1990, S.461 ff – ursprünglich: Patronatsfest der Katholischen Universität zu Leuwen 1972 ↩︎