Ob uns am Ende mit der verlorenen Sprache auch das Hören und Sehen vergeht?

Wochenimpuls März 2025-4

„Ob wir auch im Zeitalter der Medien ein kulturelles Erbe (und einen religiösen Glauben) weitergeben, oder ob uns am Ende mit der verlorenen Sprache auch das Hören und Sehen vergeht“, fragt Hans Maier mit Recht.“
Hans Urs von Balthasar „Epilog“, Einsiedeln/Trier 1987, S. 8

Dieses etwas bedrückende Fazit steht in einem Buch, gleich am Anfang, welches der Autor mit „Epilog“ überschrieben hat. Es ist so etwas wie ein „Durchblick“, den Hans Urs von Balthasar (1905-1988), der große Schweizer Theologe, zu geben versucht, nachdem er seine große und beeindruckende Trilogie aus 15 voluminösen Bänden – bestehend aus „Ästhetik“, „Theodramatik“ und „Theologik“ – vollenden konnte. Ein Jahr vor seinem Tod mit 83 Jahren – nach einem Leben, das der Seelsorge, der Glaubensweitergabe und der theologischen Wissenschaft, gewidmet war, macht mich solch ein Resümee betroffen.

„Mehr als eine ins Meer geworfene Flasche kann und will dieses kleine Stück nicht sein; dass sie irgendwo landet und einer sie findet, wäre ein Wunder. Aber zuweilen geschehen auch solche.“
Hans Urs von Balthasar „Epilog“, Einsiedeln/Trier 1987, S. 8

Ist das alles nicht zu wenig <<wirklich>>?

Ähnliche Fragen wie Hans Urs von Balthasar in seinem „Epilog“ stellt auch Eugen Drewermann in einem seiner späteren Werke, das ebenfalls einen ‚Durchblick‘ durch den christlichen Glauben versucht. Sein Titel: „Wendepunkte“. 1 Drewermann fragt nach all den vielen theologischen und anthropologischen Erwägungen, die er zuvor in diesem und ungezählten anderen Werken vorher angestellt hat: 

„Ist das alles nicht zu <<subjektiv>>, zu <<psychologisch>> und zu wenig <<wirklich>>? 
Eugen Drewermann „Wendepunkte“, Ostfildern 2014, S.  498

Es ist von kaum zu überschätzender Bedeutung für eine ‚Glaubensrechenschaft in intellektueller Redlichkeit‘, dass Drewermann sich dieser -fast möchte man meinen totalen – Infragestellung von Glauben und Religion stellt. Und zwar an Ort und Stelle! Wenn das, woran so viele Menschen glauben, für das sie unter Umständen ihr Leben einsetzen, gar nicht existiert, nur Einbildung ist, dann erst recht stellt sich doch die Grundfrage: Unterliegen nicht alle ‚Gläubigen‘ einem „Gotteswahn“? 2

„Ein solcher Einwand…beruht an jeder Stelle auf dem gleichen Missverständnis: Nichts in der Welt… ist mit Gott identisch; doch ganz so wie das Aufblühn einer Blume nicht möglich wäre ohne Sonnenlicht, so wenig ist Selbstfindung, partnerschaftliche Beziehung, Liebe möglich ohne Gott…Alles, was in der Verwandlung des Daseins, in seiner <<Erlösung>> von Angst und Verzweiflung in Zuversicht und Identität sich ereignet, verdankt sich…einzig der Erfahrung eines Umgriffenseins und Ergriffenseins im ganzen.“ [3]
Eugen Drewermann „Wendepunkte“, Ostfildern 2014, S. 498

Damit kann ich für mein Leben etwas anfangen. Auch deshalb, weil die Frage des Glaubens heute (und erst recht morgen) wieder eine Frage zu sein scheint. 


  1. Eugen Drewermann „Wendepunkte“, Ostfildern 2014 ↩︎
  2. „Der Gotteswahn“, Richard Dawkins, Berlin 2007 (6. Auflage) ↩︎
Bild von MiKi-STUDIO auf Pixabay

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