Warum Karl Rahner?
Herausgeber: Hans-Jürgen Sträter, Adlerstein-Verlag.
Hier zur Einstimmung das Vorwort
Im Jahr 2024 gedenken wir des 120. Geburtstages und des 40. Todestages des Konzilstheologen Karl Rahner. Viele Impulse aus seinem umfangreichen Werk harren bis heute der hinreichenden Umsetzung. Dabei geben gerade sie nicht nur Antwort in einer Zeit allgemeiner Unsicherheit. Sie geben auch verlässlich Orientierung in Lebensfragen und in Situationen der Angst und Überforderung. Die heute sich gegenseitig verstärkenden Momente diverser Krisen auf vielen Gebieten unserer Gesellschaft haben auch die Kirche mit ihrer Caritas erfasst. Insbesondere die Sinnfrage wird oft gar nicht (mehr) gestellt. Dieser Ausfall, der einhergeht mit Rat- losigkeit und Ohnmacht einerseits und Hybris und Gleichgültigkeit andererseits, führt nicht selten zum Ausfall der Frage, was uns im Wesentlichen als Menschen ausmacht. Rahner beklagte schon sehr früh den Ausfall der Gottesfrage und wies darauf hin, dass dieser auch den Ausfall der Frage nach dem Menschen nach sich zieht. Mit all den verheerenden Folgen, für die die Krisen unserer Zeit ebenso wie die Flucht in Selbsterlösungsfantasien wie ein Menetekel stehen.
Dabei ist die Theologie nach Karl Rahner
„der die ganze Existenz kostende Aufwand, die Geheimnishaftigkeit Gottes als vom Menschen anzunehmende zu verteidigen gegenüber dem hybriden Zugriff auf Gott“
Ralf Miggelbrink „Ekstatische Gottesliebe im tätigen Weltbezug“, Altenberge 1989, S.70
Die Impulse Karl Rahners können gerade auch in unserer Zeit den kirchlichen Charakter der Caritas als auch den caritativen Charakter der Kirche deutlich machen, denn
„das letzte Wort der Theologie Karl Rahners als anthropologischer ist die mystagogische Auffor- derung, die Nächstenliebe zu vollziehen als Verähnlichung Christi und als Erfüllung des Begriffes, den Gott mit seiner Inkarnation vom Menschen gebildet hat.“
Ralf Miggelbrink „Ekstatische Gottesliebe im tätigen Weltbezug“, Altenberge 1989, S. 317
Kirche wird diakonisch sein – oder sie wird nicht mehr sein. So könnte der Satz abgewandelt lauten, den Rahner einst geprägt hat über den „Frommen der Zukunft“. Und dabei erschöpft sich kirchlich- caritatives Tun nicht im ‚Ritus der Fußwaschung‘ allein und auch nicht im ‚Samariterdienst‘ tätiger Liebe, so wichtig dieser Dienst auch ist. Nach Rahner sucht Caritas
„den Menschen der ewigen Bestimmung; sie ist eine Liebe, der es nicht verwehrt sein darf, im Menschen unendlich mehr zu sehen als einen bloßen Menschen, sie ist eine Liebe, die den Menschen mit den Augen der Weisheit Gottes und der Liebe des Heiligen Geistes anschaut, die Liebe, die die schöpferische Herablassung Gottes mitvollzieht. Dieser Verband kann darum nie von seinem religiösen Ursprung und seiner christlichen Wurzel losgerissen werden …“
Karl Rahner „Sendung und Gnade“, Innsbruck-Wien- München, 1961, S. 421f – dritte durchgesehene Auflage, erste Auflage S. 425f – kursiv RH
Es reicht nicht, sich dieses großen Glaubenslehrers nur zu erinnern. Anders gesagt: Es ist die beste Erinnerung an diesen Glaubenszeugen, wenn seine Impulse und Anre- gungen nicht nur respektiert, sondern vor allem (endlich) umgesetzt werden. Die nachfolgenden Gedanken können nur kleine, schüchterne Versuche solch einer Umsetzung sein. Sie wollen in jedem Fall bezeugen, wie sehr sie sich dem Wirken Karl Rahners dankbar verpflichtet fühlen.