Karl Rahner: Knechte Christi

„Solcher Glaube, der die Gnade ist, die Gott selber ist, und die Tat des ganzen Menschen, die außerhalb ihrer nichts mehr hat, von woher er bestimmt und aufgebaut werden könnte, kann nur vom Betenden getan werden. Denn nur darin ist der ganze Mensch da und unmittelbar vor Gott… Aber der Priester muss der betende Priester sein, wenn er der Glaubende und der Bote des Glaubens sein will. Wo seine Theologie nicht insofern wenigstens eine „kniende Theologie“ wäre, als sie die Theologie eines Beters ist, wo sie stattdessen in einen intellektualistischen Betrieb entarten würde, dem es nur um die Probleme als solche geht, die man fast sadistisch der Kirche vorhält, statt sich selber ernsthaft um eine Lösung zu bemühen, da würde eine solche Theologie aufhören, Theologie zu sein und zu spätbourgeoiser unverbindlicher Wichtigtuerei entarten.

Wir müssen Priester sein, die beten, die betend die Finsternis des Lebens aushalten, selbst wenn ihr Gebet Teilnahme an der Ölbergsangst Jesu  und am Gebet des Gottverlassenen am Kreuz ist. Nur so werden wir d i e Glaubenden sein können, wie sie heute sein müssen, soll es sie überhaupt noch geben. Jesus hat auch seine Apostel gefragt: „Wollt auch ihr gehen?“ Auch bei den Aposteln hat er mit dieser äußersten, tödlichen Möglichkeit hart gerechnet. Wundert es uns, wenn auch wir Priester ernsthaft und nicht nur ‚pro forma‘ so gefragt werden durch unsere Zeit und durch unseren Beruf, der uns nie erlaubt, diese äußerste Frage zu vertagen? Die Gnade Gottes hat damals gewährt, dass auf diese Frage die Antwort gegeben wurde, die den ganzen Glauben des Christentums und auch die letzte Glaubensbegründung enthält: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist.“ (Joh. 6, 68 f). Unser Leben als Christen und Priester ist in diesem Satz versammelt.

Karl Rahner | Aus „Knechte Christi“, Freiburg-Basel-Wien, 1967, S. 42 ff – „Der Glaube des Priesters heute“ – erstmaliger Vortrag am 4. und 6. Juli 1967 in Kevelaer und Münster / Westf. vor Priestern der Diözese Münster, die zur Wahl des Priesterrates versammelt waren. – Die Überschrift stammt aus diesem Vortrag, zu finden in „Knechte Christi“, S. 41

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