Kleine Fibel für verunsicherte Laien

Wochenimpuls November 2025-3

Kleine Fibel für verunsicherte Laien ist der Titel eines Buches von Hans Urs von Balthasar, dem großen Schweizer Theologen, das genannt werden muss, wenn es um das Öffnen von Hoffnungstüren zwischen Himmel und Erde geht. Balthasar litt an einigen Erscheinungen innerhalb der Kirche, die das Zeugnis des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe in Frage stellten, es verzerrten oder ihm gar gänzlich widersprachen. Er legte das Buch mehrmals auf; die Sorge um das kirchliche Erscheinungsbild trieb ihn in seinen letzten Lebensjahren um. Und dennoch wurde er weder pessimistisch noch fatalistisch, wenn er feststellte: 

„Heute dürstet das Volk in einer immer säkularisierteren , gottleereren Welt nach geistlichem Trank. Es möchte Lehrern der Stille, der Einkehr, des Gebetes begegnen, findet aber vielbeschäftige, bei den nachkonziliaren Wirren und antiautoritären Kontestationen stehengebliebene, endlos um ihre eigene Identität ringende Kleriker und nicht selten auch Ordensleute. Darum wandern so viele aus und suchen das, worauf sie ein Recht haben…Dieses suchende Volk Gottes darf sich seinen Sinn für das Katholische nicht abstumpfen lassen, es soll vielmehr in der Stunde, da manche Hirten verstummen oder gar offen versagen, seine Verantwortung wahrnehmen…“ 1

Balthasar fordert die Christen auf, den „Sinn für das Katholische nicht abstumpfen (zu) lassen“. Und worin besteht nun der „Sinn für das Katholische“? Um aufzuzeigen worum es geht bei all unserem Denken und Reden über „das Katholische“, schauen wir noch einmal bei Karl Rahner nach. In seinem Buch „Einübung priesterlicher Existenz“ 2, das seinem „Grundkurs des Glaubens“ als hilfreiche Ergänzung und als ebenbürtig zur Seite gestellt wird, schreibt Karl Rahner gleich zu Beginn, auf was es in Kirche und Christsein ankommt. Damit nimmt er Balthasars Anliegen auf, die „verunsicherten Laien“ zu stärken, zu stützen und zu begleiten.  Es kommt nach Karl Rahner entscheidend an auf  

„Den Geist des Engagements, den Mut zur Selbstkritik…das Wagnis des Glaubens, auch wenn man nicht um seine konkrete Gestalt der Verwirklichung weiß, den selbstlosen Dienst am Nächsten und endlich: die Liebe…es braucht da nichts geändert zu werden, wo es um den eigentlichen Anspruch des Christentums und des Priestertums geht: der Liebe unter den Menschen und damit dem Kommen des Reiches Gottes zu dienen.“ 3


  1. Hans Urs von Balthasar „Kleine Fibel für verunsicherte Laien“, Einsiedeln-Trier 1980 (3. Auflage 1989), S.87 f ↩︎
  2. Karl Rahner „Einübung priesterlicher Existenz“, Freiburg – Basel – Wien 1970, SW 13, 269-437 – Ein Buch, das Nikolaus Schwerdtfeger in seiner verdienstvollen Arbeit „Gnade und Welt“ über die Theologie Karl Rahners folgendermaßen charakterisiert: „Die Titel zweier Werke von ihm belegen exemplarisch, dass beides bei ihm zur Geltung kommt, dass seine Theologie nicht nur auf die „Einführung in den Begriff des Christentums „zielt, wie der Untertitel vom „Grundkurs des Glaubens“ lautet, in dem seine transzendental – anthropologisch dimensionierte Theologie ihre ausgereifteste Gestalt gefunden hat, sondern auch auf die „Einübung priesterlicher Existenz“ , wie ein anderes, weniger bekanntes, jedoch kaum minder bedeutendes Buch von ihm heißt, das den zweiten Typus der Theologie repräsentiert. – Nikolaus Schwerdtfeger „Gnade und Welt“, Freiburg- Basel- Wien 1982, S. 65 ↩︎
  3. Karl Rahner „Einübung priesterlicher Existenz“, Freiburg – Basel – Wien 1970, S. 7- SW 13, 269-437 ↩︎
Foto von Anne Nygård auf Unsplash

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