Der schlimmste Film der Filmgeschichte
In einer Lokalzeitung vom 26.03.2025 gab es lesens- und bedenkenswerte Gedanken zum vielleicht schlimmsten Film der Filmgeschichte, der vor 85 Jahren in die Kinos kam. „Jud Süß“ – so der Name des Films – hat die ganze Fratze des rassistischen Wahns der Nationalsozialisten offenbart, die sich im Antijudaismus und in ungehemmtem Antisemitismus zeigte und die in der Shoah, besonders an jüdischen Menschen, ein in der Geschichte einmaliges Zeugnis menschlicher Gräuel und Schrecken errichtete. Die industriemäßig organisierte Vernichtung von Menschen in einem unvorstellbaren Ausmaß darf niemals relativiert, verharmlost oder vergessen bzw. verdrängt werden. Gerade heute, wo selbst im neuen Deutschen Bundestag schon wieder Worte wie ‚Gleichschaltung‘ oder Kartellbildung der Altparteien‘ die Runde machen, sollte der Aufschrei erfolgen: „Wehret den Anfängen!“ Vor einigen Jahren erschien das Buch von Timur Vermes „Er ist wieder da“ 1 . Das Buch „Er ist wieder da“ ist ein Meisterwerk. Und es ist weder eine Fiktion, noch ist es Satire. Es ist – in vielen Köpfen und Herzen der Menschen – bittere Realität!
Hitler ist keine Witzfigur
Ich teile die Einschätzung, die auf der Rückseite des Buches zu finden ist:
„Dieser Hitler ist keine Witzfigur und gerade deshalb erschreckend real. Und das Land, auf das er trifft, ist es auch: zynisch, hemmungslos erfolgsgeil und trotz Jahrzehnten deutscher Demokratie vollkommen chancenlos gegenüber dem Demagogen und der Sucht nach Quoten.“
Was habe ich denn damit zu tun?
Genau darum ist es wichtig, heute an „Jud Süß“ zu erinnern. Viel zu schnell geht heute manch einem über die Lippen: „Was habe ich denn mit den Geschehnissen von damals zu tun?“ Oder: Man kann doch nicht alle verantwortlich machen für das Tun Einzelner.“ Gerade weil heute Relativierung und Verharmlosung in verstärktem Maße um sich greifen, weil heute die Grenze des Sagbaren mit klarem politischem Kalkül sehr bewusst verschoben wird, ist diese Erinnerung im wörtlichen Sinne not – wendig. Mein Vater hat mir oft eine Mahnung erzählt, die er schon von seinem Vater gehört hat: „Was immer du tust, bedenke das Ende!“
Nicht weghören, nicht wegsehen!
Heute wird vielfach um den rechten Weg gerungen im Umgang mit extremistischen Parteien und Gruppierungen. Es ist weder sinnvoll, Menschen auszugrenzen, indem Gespräche verweigert werden. Doch man sollte genau hinhören – und deutlich machen in Diskussionen und Talkshows – wenn Grenzen überschritten werden. Man darf weder weghören noch wegsehen, wenn ein Vokabular verwendet wird, das an dunkelste Zeiten der Geschichte erinnert. Unsere parlamentarische Demokratie ist keine „Schwatzbude“, weil fairer Streit und Kompromiss zum demokratischen Meinungsbildungsprozess wesentlich gehören. „Eliten“ oder „Klassenfeinde“ oder „Finstere Mächte des Finanzkapitals“ sind ein Vokabular mit einer eindeutigen Zielrichtung: Den demokratischen Konsens zu zerstören, die Rechtsstaatlichkeit zu diskreditieren und den Parlamentarismus lächerlich zu machen. „Wehret den Anfängen!“
Keine falschen Konsequenzen
Heute bedarf es – mehr denn je – „Mut zur Tugend“. 2 Was damit gemeint ist, kann man auf die einfache Forderung bringen, die Intoleranz der gesellschaftlichen Systeme, und die ohrenbetäubende Lautstärke der Propaganda sowie die arrogante und dumm-dreiste Schwarz-Weiß-Malerei in der Politik (endlich) zu überwinden. Denn Relativismus und Fanatismus sind die beiden falschen Konsequenzen, die man sehr leicht ziehen kann, wenn und weil man sich überfordert fühlt von der komplizierten Wirklichkeit. Sie führt leicht in ‚Versuchung‘, Zuflucht zu einfachen Lösungen zu nehmen, ‚Sündenböcke‘ zu suchen und die eigene Zuständigkeit und Verantwortung auf andere abzuschieben. Viel wäre gewonnen, wenn es gesellschaftlicher Konsens ist, nicht mehr „einzelne Wirklichkeiten und Werte absolut zu setzen, zu vergöttlichen, zu vergötzen…“ 3
- Timur Vermes „Er ist wieder da“, Köln 2012 ↩︎
- „Mut zur Tugend“ – Über die Fähigkeit, menschlicher zu leben – Freiburg-Basel-Wien 1979 ↩︎
- „Mut zur Tugend“ – Über die Fähigkeit, menschlicher zu leben – Freiburg-Basel-Wien 1979, S.420 ↩︎