Der Mai ist gekommen … Dankbarkeit als Grundtugend

Wochenimpuls Mai 2025-2

Dankbarkeit für alles

Gerne erinnere ich mich an meine Kindheit und Jugendzeit, in der ich als ‚Messdiener‘ in die Mai-Andachten ging. Ganz anders als im Monat Oktober, in dem wir den Rosenkranz beteten, der mir damals langweilig vorkam, zu dem ich als Kind keinen Zugang fand und bei dem mir eigentlich graute, vor allem auch wegen der Dunkelheit und beginnenden Kälte. Im Mai dagegen blüht alles in der Natur auf; es ist alles wohltuend, das Licht und die wohlige Wärme, das frische Grün auf den Wiesen und Feldern. Alles fühlte sich an wie eine große Verheißung auf den nahenden Sommer. Erst viel später wurde mir bewusst, dass sich gerade bei den Maiandachten, in den Gebeten und Liedern, das Gefühl einer großen Dankbarkeit ausdrückte. Dankbarkeit, weil einem das Leben geschenkt wurde, Dankbarkeit für alles, was die Natur uns gibt, Dankbarkeit für Eltern, Freunde, Geschwister. Der Satz unseres Kaplans ist mir heute noch in Erinnerung, der uns sagte: „Der religiöse Mensch ist ein dankbarer Mensch.“ 

Neu lernen

Vielleicht ist Dankbarkeit jene Tugend, die wir heute wieder ganz neu lernen müssen angesichts überbordender Angebote in Supermärkten und im Internet. In meiner Jugendzeit fand ich Gebetsworte, die diese Stimmung einfingen. Sie sind mir immer bedeutsamer geworden, je älter ich wurde: 

„Was habe ich also anders dir von dir zu sagen, als dass du der bist, ohne den ich nicht sein kann…und wenn ich das von dir sage, dann habe ich mir meinen wahren Namen gegeben…  Ich bin der, der sich nicht selbst gehört, sondern dir. Mehr weiß ich nicht von mir, mehr nicht von dir – Du -, Gott meines Lebens, Unendlichkeit meiner Endlichkeit.“ 1


  1. Karl Rahner „Gebete des Lebens“, SW 7, S. 5 f – ursprünglich aus „Worte ins Schweigen“, Innsbruck-Leipzig 1938 (!), dort aus „Gott meines Lebens“, S. 12 f ↩︎

Bild von Marion Wellmann auf Pixabay

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