Wochenimpuls August 2025-3
Beginnen möchte ich mit einem Gedanken aus Teilhard de Chardins Hauptwerk. Ich glaube, dieser Satz kann einen Optimismus begründen, wie ihn nur der Glaube zu geben vermag:
„Je mehr der Mensch Mensch wird, desto mehr wird er von dem Bedürfnis, und zwar einem immer ausdrücklicheren, immer geläuterteren, immer unmäßigerem gepackt, anzubeten.“ 1
Das Bedürfnis, das immer stärker wird nach Anbetung? Ist das nicht doch etwas arg ‚hochgegriffen‘? Erinnern wir uns, dass die Frage bleibt: „Wozu das alles?“ Und dass es ganz entscheidend darauf ankommt, dass „jemand …noch ein Wort weiß.“ Um es noch einmal anders zu sagen:
„Die Erfahrung der Unerlöstheit, der Entfremdung verstärkt sich, und die Erfüllung, die jenseits nicht sein kann und die von keiner Gnade geschenkt wird, muss nun in dieser Welt durch eigenes Handeln bewerkstelligt werden. Damit wird aber an die Politik eine Erwartung geknüpft, der sie nicht entsprechen kann. Die zur Politik gewordene Religion überfordert die Politik und wird damit zu einer Quelle der Desintegration des Menschen in der Gesellschaft.“ 2
Wie kann man dieser Überforderung entgehen? Ratzinger nennt bereits den Grund für die „Entfremdung“, die allenthalben heute festzustellen ist und beklagt wird, nämlich dass es keine ‚Erfüllung‘ geben kann, „die von keiner Gnade geschenkt wird.“ Dahinter steht unausgesprochen das Axiom des Materialismus: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“ Und wenn es doch ganz anders steht? Denn:
„Das ist das unsagbare Geheimnis, das wir glauben, weil der Mensch letztlich doch nur die Möglichkeit hat, entweder an den Abgrund der Leere und des Nichts oder an das unfassbare Geheimnis verborgener Seligkeit zu glauben. Alle Positionen zwischen diesem tiefsten Abgrund und dieser höchsten Höhe lassen sich auf die Dauer nicht halten“ 3
- Teilhards Hauptwerk „Das göttliche Milieu, S. 152 ↩︎
- Joseph Ratzinger „Wendezeit für Europa, Freiburg 1992, S. 113 ↩︎
- Karl Rahner „Unbegreiflicher – so nah“, Grünewald, Mainz, 1999, S. 185 ↩︎