Wochenimpuls April 2025-5
Im Jahr 1932 wurde mein Vater geboren. Und zwar in Czernowitz, der Hauptstadt der Bukowina. Diese größere Stadt in der heutigen West- Ukraine gehörte bis 1918 zur Monarchie des Habsburger Reiches, also zu Österreich-Ungarn. Dann kam dies schöne Stadt, in der viele Nationalitäten friedlich zusammenlebten und zusammenarbeiteten, so dass man Czernowitz auch damals „Klein – Wien“ nannte, für eine gewisse Zeit nach Rumänien, bevor mit dem II. Weltkrieg und dem Hitler-Stalin Pakt dieses Kleinod der Kunst, Kultur und Völkergemeinschaft gleichermaßen zwangsweise dem stalinistischen Regime der Sowjetunion einverleibt wurde.
Im selben Jahr, in dem mein Vater geboren wurde, 1932 also, wurde auch Aharon Appeldfeld ebenfalls in Czernowitz geboren. Er war Kind jüdischer Eltern, das bei Ausbruch des II. Weltkrieges mit gerade einmal 7 Jahren erleben musste, wie Deutsche und Rumänen seine Mutter ermordeten. Der sich danach in einem Ghetto wiederfand und sich auf einen Todesmarsch durch die Ukraine begeben muss; der in einem Zwangsarbeitslager seinen Vater (wieder) traf, um gleich wieder von ihm getrennt zu werden. Getrennt durch die Flucht in die Berge und Wälder der Karpaten und des Vorkarpatenlandes. Aharon Appelfeld, der als Kind schon in ganz jungen Jahren unter falscher Identität leben musste, konnte nur so Schutz und Zuflucht finden. U.a. bei ukrainischen Bauern, die sich des ‚christlichen Waisenkindes‘ annahmen. Nach 6 Jahren Verfolgung und Krieg kam der zuletzt als Küchenjunge bei der Roten Armee dienende Aharon Appelfeld nach Israel. Dort lebte und wirkte er bis zu seinem Tod im Jahr 2018 als Hochschullehrer und Schriftsteller, der international hochgelobte Romane schrieb, in denen er seine Erinnerungen als Warnung und Mahnung an die Lebenden verarbeitete.
Wir wollen Spuren österlichen Lebens in unserem Leben finden. Darum berichte ich darüber, denn für mich ist das Leben Aharon Appelfelds ein wirkliches Ostern, ein wahres Fest des Lebens, ein ‚Stück Auferstehung‘. Man braucht nicht immer ein wortreiches Bekenntnis zum Leben abgeben. Wenn man auf ein Leben schaut, wie das von Aharon Appelfeld, dann wird einem schlagartig bewusst: Dieses Leben – wie das vieler mutiger Frauen und Männer in dunkler Zeit – ist ein e i n z i g e s, ein e i n z i g a r t i g e s Bekenntnis zum Leben.