Christsein in der Welt von heute

„Der Glaube fügt genau genommen nicht eine neue Dimension himmlischer Wirklichkeiten von außen zu unserem Leben hinzu, er überhöht nicht unsere alltägliche Wirklichkeit, er schafft noch weniger dieses Leben in seiner banalen Alltäglichkeit, mit seinem kleinen Glück und seinen vielen Tränen, mit seinen Erfolgen und seinen Enttäuschungen ab. Er sagt uns nur die letzte Radikalität dieses Lebens zu, die wir sonst übersehen oder verdrängen würden: Der Glaube kündigt die Radikalität der Freiheit, der Verantwortung, der Liebe, der Hoffnung, der Schuld, der Vergebung, und er nennt den letzten Grund dieser Radikalität: Gott als den, der sich diesem Leben schon immer inwendig als seine letzte Tiefe eingestiftet hat. Aber diese göttliche Radikalität ist die unseres konkreten Lebens, also die unseres Verhältnisses zum Nachbarn, die unserer grässlichen Alltagspflichten, die unseres Vergebenkönnens, die unserer Annahme der finsteren Enttäuschungen des Lebens, die unseres gelassenen Sterbens.“

Karl Rahner „Worte gläubiger Erfahrung“1985, Freiburg-Basel-Wien, Neuausgabe 2004, Freiburg-Basel-Wien, S.49; ursprünglich aus „Chancen des Glaubens“ 

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