Adventsimpuls 2025

In wenigen Tagen ist wieder Advent. Wieder hören wir die uralten Sehnsuchtslieder, wie sie uns aus den jüdischen Psalmen entgegenkommen: 

>>Suche Frieden, und jage ihm nach! <<, hörten wir aus den Psalmen (Ps 34,15). 

>>Und sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden<<, ist die Friedensvision des Propheten Jesaja: >>Kein Volk wird wider das andere das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen<< (Jes 2,4)

Das ist zu schön, um wahr zu sein. Wenn wir von Gräuel aus dem Sudan, aus der Ukraine, aus dem Jemen oder von sonst wo auf dieser Erde hören, meinen wir doch, dass diese Sehnsüchte allesamt ins Leere gehen. Wir spüren Hass, Desinformation, Un- und Nichtverstehen(wollen). Wir erleben eine Haltung des Habens, nicht des Seins (Erich Fromm, 1900 – 1980), die beherrschend ist, immer und überall! „Geld regiert die Welt!“ Diese Erfahrung bringt offensichtlich eine unumstößliche Gewissheit und Evidenz mit sich, gegen die nicht anzukommen scheint. 

Und doch: Was ist, wenn all das, was wir erleben, grundsätzlich in Frage zu stellen ist? Vielleicht so:

„Das Entscheidende ist aber nun, dass das Judentum sich selber versteht als ein Wallfahrtsort, zu dem der Berg Zion die Völker einlädt, sich selber zur Weisheit zu sammeln. Zweites Kapitel beim Propheten Jesaja: >>Ihr, Israel, sollt ein Licht sein für die Völker << (Jesaja 2,2-4). Und deshalb singt der greise Simeon, als man Jesus als Kind in den Tempel bringt: >>Dieser wird ein Licht sein zur Erleuchtung der Heiden<< (Lukas, 2,32; vgl. Jesaja 42, 6; 49,6). Und am Anfang der gesamten Geschichte Israels steht die Berufung Abrahams, in Genesis 12,3: Er wird ein >>Segen sein für die Völker<<. Im Grunde möchte Jesus, dass sein Volk, dass Israel im Glauben an den Gott lebt, den man dort Jahwe nennt, der aber heißen kann, wie er will, und der besagt: Ich bin bei dir als der, welcher die Angst, die Gewalt, die Unruhe, die Verzweiflung der Menschen, überall auf Erden, besänftigt, heilt, tröstet, auflöst und zum Himmel hebt.“ (Eugen Drewermann, Die Stunde des Jeremia 2020, 21 f)

Die Berufung, die Sendung ist keine Auszeichnung im Sinne des Besonderen. Sie ist vielmehr eine Indienstnahme. „Licht für die Völker“ – Gott nimmt Menschen in den Dienst, um durch sie und mit ihnen seine Wahrheit zu leben. All das mag noch reichlich ‚konstruiert‘ erscheinen und in sattsam bekannten Sprachspielen daherkommen. Doch um was es dem Mann aus Nazareth ging und geht, warum er tatsächlich der Heilende, der ‚Heiland‘ genannt wird, ja werden muss, mag vielleicht aus dem Folgenden ersichtlich werden: 

„Was aber Jesus dachte, ist viel radikaler: Es gibt überhaupt kein Eigentum, kein Recht auf Besitz. Wer sind wir denn? Mag sein, dass wir Geld in der Hosentasche haben und auch belegen können, dass es redlich verdient ist, dass es als Lohn für geleistete Arbeit gezahlt wurde, dass wir die Steuern redlich entrichtet haben, also dass niemand ein Recht hat, uns abzusprechen, dass das Geld, das wir bei uns tragen, auch uns gehört. Und dass es Diebstahl wäre, es uns wegzunehmen. Das Ganze ist in der bürgerlichen Logik unbezweifelbar. Und trotzdem ist es in den Augen Jesu völlig falsch. Denn das, was wir einbringen können, um zu arbeiten, setzt ganz simpel voraus, dass wir eine einigermaßen gute Schulbildung haben, dass wir körperlich einigermaßen gesund sind und uns geistig auf der Höhe der Herausforderungen befinden. Das sind lauter Dinge, die wir gar nicht selber machen können und konnten. Sie wurden uns geschenkt. Und wir haben keinen Grund, uns darauf etwas einzubilden. Der Bettler neben uns am Straßenrand hat Pech gehabt. Er will da nicht sitzen. Er ist nicht schuld daran, dass er dort sitzt. Ihm stehen lediglich die Geschenke, die wir bekommen haben und wie selbstverständlich einstreichen, nicht zur Verfügung auf Grund einer anderen Sozialgeschichte, auf Grund einer anderen Biografie, einer anderen Herkunft.“ (Eugen Drewermann, Die Stunde des Jeremia 2020, 26)

Vielleicht ist d i e Chance für unsere Gesellschaft, für unsere Zeit damit benannt: Die Besinnung auf all das, was wir nicht gemacht haben. Was uns geschenkt wurde, damit wir damit und daraus etwas machen. Der religiöse Mensch ist ein dankbarer Mensch! Mir scheinen die Chance und die Aufgabe christlichen Lebens in und für diese Gesellschaft in dem Maße zu wachsen, indem die Tugend der Dankbarkeit im Mit – und Füreinander gelebt wird. 

Foto von Javardh auf Unsplash

gerne teilen