Kein Extremismus hat je zur Lösung auch nur eines einzigen Problems beigetragen. Warum nicht? Jeglicher Extremismus macht nicht nur Probleme – er ist DAS Problem!
Tatsache ist, dass es – sowohl zur Linkspartei als auch zur AfD – namentlich von so genannten etablierten Parteien eine irgendwie geartete ‚Brandmauer‘ gibt. Tatsache ist ebenso, dass es kaum einen Begriff gibt, der so ‚begriffsneutral‘, so unbestimmt daherkommt. Eine Brandmauer soll einen Brand eindämmen bzw. seine Ausbreitung verhindern. Frage: Wo ‚brennt‘ es denn? Gewiss, es wird ein Bild gebraucht, um etwas zu verdeutlichen. Doch ist das Bild noch tauglich, wenn ein Landrat in MV mit den Worten wiedergegeben wird: „Eine bedingungslose Brandmauer ist kindisch.“? Es täte unserer demokratischen ‚Streitkultur‘ gut, wenn auf Begrifflichkeiten tatsächlich sorgfältiger geachtet würde. Wenn beispielsweise eine seriöse Kita-Netzplanung im Jugendhilfeausschuss deutlich macht, dass in einer Kommune Kita-Plätze fehlen, dann ist es in der Tat „kindisch“, jemanden vom politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess auszuschließen, wenn er sich für mehr Kita-Plätze einsetzt. Ähnlich verhält es sich bei Schulplätzen, bei Pflegeheimplätzen und bei anderen Fragen der kommunalen Daseinsvorsorge. Es gibt viele berechtigte Anliegen der Bürgerinnen und Bürger – vornehmlich auf kommunaler Ebene – da gelten fast ausschließlich Sachargumente. Der Streit entbrennt dann nicht so sehr an dem, was sachlich und fachlich geboten ist, sondern was finanzierbar ist. Hier von einer ‚Brandmauer‘ zu sprechen, ist wenig hilfreich.
Eine ‚Brandmauer‘ macht dann Sinn – dann aber auch unbedingt, und zwar als ‚rote Linie‘-, wenn es darum geht, dass nicht vieles im System verändert werden soll, sondern wenn die Absicht besteht, das System gänzlich zu beseitigen. Wenn Rechtsstaat, freiheitlich- parlamentarische Ordnung mit Exekutive und Legislative, die Unabhängigkeit der Justiz und die freie Meinungsäußerung grundsätzlich abgelehnt werden – dann ist in diesen grundsätzlichen Fragen eine Zusammenarbeit unmöglich. In diesen grundsätzlichen Fragen! Ist das wirklich so schwer zu verstehen? Ist das so schwer zu vermitteln? Ich glaube kaum, und es ist sekundär, ob die Demokratieverachtung ausgeht von Linksradikalen, Rechtsradikalen oder vom Islamismus, der vom ‚Gottesstaat‘ träumt. Was soll die Rede vom ‚Einreißen der Brandmauer‘ aussagen?
Die Fragen, die (endlich) zu stellen sind (und nicht länger zu verschweigen!) heißen doch: Auf welchem Fundament stehen bei dir die universellen Menschenrechte und die Menschenwürde? Wie stehst du zu den tatsächlichen Flüchtlingsursachen, die in Historie und in ausbeuterischen Wirtschaftspraktiken bestehen, die sehr viel auch mit uns zu tun haben? Wie und wodurch gelingt Integration? Was ist dein Beitrag hierzu? Wie verhindert die Mehrheitsgesellschaft eine Parallelgesellschaft? Und wie baut sie Ressentiments auf allen Seiten ab? Dass unser Grundgesetz uneingeschränkt gilt, ist nicht nur ein Grundsatz, sondern eine politische Aufgabe, die zu gestalten ist. Unser Gemeinwesen lebt vom Nehmen und Geben. Das gilt uneingeschränkt – und muss im Bedarfsfall eingefordert werden. Richtig, besser jedoch ist es, darum zu werben mit attraktiven Angeboten, die zum Mitmachen einladen. Dafür gibt es viele Beispiele. Ich denke dabei nur an die vielfältigen Formen des Ehrenamtes in unserem Land, in denen auch sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund aktiv mitwirken. Ich wünsche mir keine Floskel einer irgendwie gearteten ‚Brandmauer‘, sondern (endlich!) eine Politik der unmissverständlichen Worte, der deutlichen Aussprache – und der klaren Unterscheidung!
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