Was ist eine theologische Frage?

Wochenimpuls September 2025-3

In seinem Buch „Karl Rahner – Eine Einführung in sein theologisches Denken“ 1 ist das zweite Kapitel überschrieben mit „Aber vom Menschen wissen wir nichts…“. Es geht um die vielfachen Fragen, was es denn mit dem Menschen auf sich hat. „Was ist des Pudels Kern?“ hätte Goethe gefragt auf der Suche nach dem Menschen, was ihn denn im „Innersten zusammenhält“. Was macht den Menschen wesentlich aus? Wer oder was bestimmt ihn? Die Erziehung, die Gene, das Ensemble gesellschaftlicher Verhältnisse, ‚Blut und Boden‘, ein Sammelsurium von alldem – was ist es, das den Menschen ausmacht? Wesentlich ausmacht. Wer kann Antworten geben in unseren not- und säkularen Wendezeiten? Am allerwenigsten hilft Hybris, Angst und Überheblichkeit, nur weil man sich überfordert fühlt vom Strom der immer mehr anwachsenden Erkenntnisse aus Biologie, Neurologie, Soziologie, Psychologie und anderer anthropologischer Wissenschaften.  

Mir hilft bei all dem eine Aussage über die Theologie Karl Rahners weiter, die von Wissen und Verstehen sowie Bescheidenheit gleichermaßen gekennzeichnet ist:  

„Rahner…fragt, was denn der Theologe in seiner Anthropologie eigentlich aus dem Glauben vom Menschen wisse. Er antwortet: „Dass er das Wesen sei, das sich in Gott hinein verliert. Sonst doch eigentlich nichts. Denn nur was in diesem Satz impliziert ist, oder was unter diesem Horizont vom Menschen ausgesagt wird, ist eine wahrhaft theologische Aussage. Jede andere Aussage über den Menschen erhält ein theologisches Gewicht nur, wenn sie darauf zurückgeführt werden kann oder von daher verstanden wird, wenn einsichtig wird, … dass die Leugnung einer bestimmten Aussage die Verwiesenheit des Menschen auf Gott aufheben würde.“…Wenn der Mensch Geheimnis ist, dann gilt für ihn dasselbe wie im Hinblick auf Gott: er darf sich auch von sich selbst kein „Bild“ machen, in dem er meint, in vielen Einzelzügen (über sein letztes Wesen hinaus) ein für alle Mal erfassen zu können, was er ist.“ 2

Warum ist das so wichtig?

Warum ist diese Überlegung so wichtig, gerade in diesen unsicheren Zeiten? Weil sie einerseits der Fülle neuer Erkenntnisse und Erfahrungen offen gegenübersteht. Und weil sie ein Kriterium bereitstellt, an denen ich unzulässige Engen, Sackgassen und unzulässige Reduktionen erkennen kann. Dann nämlich, wenn „die Leugnung einer bestimmten Aussage die Verwiesenheit des Menschen auf Gott aufheben würde“. Hier wird mir deutlich, welches auch eine der wesentlichen Aufgaben der „Kirche in der Welt von heute“3 ist, nämlich das Geheimnis des Menschen, das in Gott begründet ist, zu schützen und zu wahren und ein Stoppschild aufzustellen überall dort, wo der Versuch unternommen, es in unzulässiger Weise aufzulösen. Bei allem, was anthropologische Wissenschaften an Hilfen bereitstellen (können) für die menschliche Fortentwicklung und Selbstverwirklichung – und das ist eine ganze Menge, die in immer größerem Tempo weiterhin im Wachsen begriffen ist – wenn sie das Geheimnis des Menschen aufzulösen versuchen, überdehnen sie ihre Möglichkeiten mit einem Anspruch, der unzulässig ist. Das Geheimnis des Menschen partizipiert am Geheimnis Gottes. Durch dieses personale, absolute Geheimnis der Liebe sind Sein und Würde des Menschen bei dem, den wir GOTT nennen, hinterlegt. Seine Liebe begründet Menschenrecht und Menschenwürde – bedingungslos. 


  1.  Karl-Heinz Weger „Karl Rahner – Eine Einführung in sein theologisches Denken, Freiburg-Basel-Wien 1978 ↩︎
  2. Siegfried Hübner in „Gott als Geheimnis des Menschen“ von Klaus P. Fischer/ Siegfried Hübner Wiesmoor 2015, S.105 f ↩︎
  3. Konzilskonstitution ↩︎
Bild von Sabine Lange auf Pixabay

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