Ganzheitlich Leben erspüren – ganzheitlich Glauben riskieren

Wochenimpuls August 2025-1

Schutz und Bewahrung der Schöpfung

Das Monatsmotto ist so recht dazu angetan, Leben und Glauben ganz unmittelbar zu betrachten, denn die Urlaubssaison ist ja oft die Zeit der Ruhe und des Erlebens, der Muße und der sportlichen Aktivität, der Events und der Besinnung. Viele von uns sind am Meer oder in den Bergen und können das Leben in und mit der Natur unmittelbarer als sonst im Alltag spüren und erleben. Das alles sind Vorgänge, in denen Glaubenserfahrungen gemacht werden, weil Glauben und Leben gar nicht voneinander zu trennen sind. 

Davon kann man nicht nur selbst berichten, davon kann man auch Faszinierendes lesen. Eines meiner Lieblingsbücher ist schon sehr alt, es stammt von einem Priester, der in den 70iger Jahren des 20. Jahrhunderts, mit über 90 Jahren, verstorben ist – Karl Pfleger. 1

„Im Schatten des Kirchturms“ von Karl Pfleger aus dem Jahr 1935, das 1951 in vierter, unveränderter Auflage erschien und das von den Nazis, gleich nach dem Erscheinen der dritten Auflage 1935 beschlagnahmt und dessen Wiederherstellung und Verbreitung verboten wurde, hat viele Fragen von heute in ihrer Brisanz und Schwierigkeit vorweggenommen. Die Antworten in diesem Buch auf manche Fragen sind deshalb so bedeutsam, weil es Antworten auf Fragen sind, die wir auch heute, nach 90 Jahren immer noch oder schon wieder haben. Ein kleines Beispiel aus „„Im Schatten des Kirchturms“ kann dies gut illustrieren: 

„Lass mich dir sagen, Freund, wie glücklich mich die Entdeckung macht, dass gerade der Christ es ist, der die Natur wahrhaft liebt und auch lieben darf und kann, ohne Gefahr für seine höchsten Werte…Der Hauptgrundsatz des Christentums war, dass die Natur nicht unsere Mutter ist: die Natur ist unsere Schwester. Wir können stolz sein auf ihre Schönheit, da wir denselben Vater haben; aber sie hat keine Autorität über uns; wir haben zu bewundern, nicht nachzuahmen. Dies verleiht der christlichen Freude an irdischen Dingen einen seltsamen spielerischen Zug…Dem heiligen Franz von Assisi …war die Natur eine Schwester, eine jüngere Schwester sogar, eine kleine tanzende Schwester, wert geliebt – und auch verlacht zu werden.’…Es ist nicht so tragisch, wenn der Bruder sich mit der Schwester zankt, wenn die Schwester manchmal launenhaft, böse, grausam ist, sie hat so viele gute Seiten, dass er sich mit ihr doch wieder aussöhnt, in den schlimmsten Fällen kann er an die höhere elterliche Instanz appellieren. Aber welcher Schmerz, welche Bitterkeit … wenn jenes Wesen, durch das wir sinnlos leiden, für uns einziger und letzter Lebensursprung, für uns ‚die Mutter‘ ist.“ 2

Es ist eine faszinierende, ja frohmachende Erfahrung, die uns der Heilige Franz vermittelt: Neben der Freude in und an der Natur ist sie so etwas wie seine ‚kleine Schwester‘, mit der er durchaus nicht immer einer Meinung ist, die er aber letztlich von Herzen liebt. Wenn ich mir  Aktionen anschaue, in denen es um Klimaschutz geht, schaue ich z. T. verdutzt in die erste Reihe der Demonstranten. Warum? Weil ich oftmals Christen dort ein wenig vermisse. Dort, in der ersten Reihe. Denn sie haben doch die Motivation und zugleich den Auftrag erhalten zum Schutz und zur ‚Bewahrung der Schöpfung‘?   


  1. Es war und ist sein allererstes Buch, das von den Nazis sogleich verboten wurde. Sein Titel:  „Im Schatten des Kirchturms“. ↩︎
  2. Karl Pfleger „Im Schatten des Kirchturms“, Paderborn 1935/ 1952 – S. 102-105 ↩︎
Bild von Nikolett Emmert auf Pixabay

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